[1]

Der 21-jährige Kunde B hat von der E-AG sogenannte Immobilien-„Aktien“ der M Ltd angeboten erhalten, obwohl er im Anlegerprofil vom 1. Juli 2007 seine Risikobereitschaft bei einer Auswahl zwischen den Stufen "gering", "mittel", "hoch" und "extrem hoch" mit der Stufe "mittel" angegeben hat.

Der Vorstand der Vermittlerfirma E-AG wurde dafür am 27. Februar 2009 von der FMA zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 6.000,-- verurteilt, da das mit den Wertpapieren der M Ltd verbundene Risiko nicht mit der Angabe des Kunden B zu seiner Risikobereitschaft übereingestimmt hat: Ohne auf das Gutachten des Amtssachverständigen zurückgreifen zu müssen, zeige bereits ein Blick auf den von der E AG dem Kunden ausgehändigten Risikohinweis, dass von einem mittleren Risiko keine Rede sein könne. In den "speziellen Risikohinweisen für Aktien von Immobiliengesellschaften/M Ltd" werde nachvollziehbar und realitätsnahe auf mehrere Risken hingewiesen. Die Vermittlung des Kaufs der Zertifikate (der Gutachter spricht immer von Aktien) durch die E AG sei somit nicht mit der vom Wertpapieraufsichtsgesetz (alte Fassung) geforderten "Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Kunden" erfolgt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat (stark gekürzt) dazu erwogen:[2]

     2.2. … dass der Wertpapierdienstleister bei der Anlageberatung die Übereinstimmung der angebotenen Leistung mit der vom Kunden bekanntgegebenen Risikobereitschaft und seinen Anlagezielen zu prüfen hat.

     2.3. Zunächst ist festzuhalten, dass eine Beurteilung des Verhaltens eines Wertpapierdienstleisters auf Grund einer ex ante-Betrachtung zu erfolgen hat. Es ist insofern nicht maßgeblich, ob sich bestimmte Risiken in der Folge tatsächlich verwirklichten oder nicht.

     2.4. Die belangte Behörde hat sich bei ihrer Beurteilung, die M Ltd-Zertifikate seien nicht in die Risikoklasse "mittel" einzustufen gewesen, unter anderem auf die Überlegung gestützt, dass schon aus allgemeinen Kenntnissen ableitbar sei, dass Aktienkurse durch externe Umstände wie z. B. Wirtschaftskrisen, Verlustbekanntgaben führender Unternehmen, politische Entscheidungen etc. stark beeinflusst würden.

     2.5. Auffallend ist insbesondere, dass der OGH in diesem Fall betont, dass "durchaus fraglich" sei, ob die Risikoeinstufung der Veranlagung im Anlageprofil mit "mittel" tatsächlich der Risikoerwartung der Klägerin entsprach, und darauf verweist, dass der Berater die gewählte Risikoklasse deshalb angekreuzt habe, weil auf Seminaren diese Empfehlung abgegeben worden sei.

     2.8. Schließlich ändert aber auch die Übergabe eines auf das konkrete Produkt abgestellten Risikohinweises, in dem auf die mit der Anlage verbundenen Risken hingewiesen wird, nichts an dem Umstand, dass die Vermittlung des Kaufes von Wertpapieren einer höheren als der vom Kunden angegebenen Risikoklasse einen [Gesetzes-]Verstoß darstellt. Die Frage, ob eine bestimmte Information der Aufklärungspflicht des Wertpapierdienstleisters Genüge tut, ist von der Frage zu unterscheiden, ob die vermittelten Wertpapiere der vom Kunden angegebenen Risikoklasse entsprechen.

Die Tatsache, dass sich aus einem speziellen Risikohinweis bei sachverständiger Würdigung eine höhere als die angegebene Risikoklasse ableiten ließe, beseitigt nicht das Faktum, dass die vermittelten Wertpapiere einer höheren Risikoklasse angehören.

Die Beschwerde [gegen die Strafe] war infolgedessen als unbegründet abzuweisen.


 

[1] ZFR 2014/175, 276 mit lesenswerten Leitsätzen der Redaktion und Anm Wolfbauer, der aber auf die Neufassung des § 45 WAG 2007 hinweist.

[2] VwGH 2010/17/0111 vom 24.03.2014