Plädoyer für einen schadenersatzrechtlichen Zugang bei „Klimaklagen“

Schadenersatz- und Umweltprivatrecht: Die Faktenlage ist keineswegs uneindeutig. Dennoch haben die bisherigen Klimaklagen ihre selbstgesteckten Ziele nicht erreicht. Das muss nicht so bleiben, kennt doch die Rechtsordnung seit jeher eine Antwort auf rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten einiger Weniger, das unsubstituierbare Rechtsgüter Aller unumkehrbar schädigt. 


A. Ein bisschen wärmer wär‘ doch ganz toll

B. Lagerdenken!

C. Ignorante Arroganz

D. Die richtigen Fragen an die Rechtsprechung herantragen

E. Zivilrecht ist mehr als nur Immissionsschutz

    1. Der weite Schadensbegriff des ABGB
    2. Verhaltensvorschriften
    3. Irreführung
    4. Investorenklagen
    5. Schutzgesetze
    6. Amtshaftung
    7. Unterlassung pflichtgemäßen Verhaltens
    8. Beweiserleichterung
    9. Kausalität und Unaufklärbarkeitsrisiko

F. Fazit


  1. Ein bisschen wärmer wär‘ doch ganz toll

Tatsächlich ist es im Herzen Europas kälter, als z. B. die dt Autohersteller dachten. Die hatten ihre Manipulationssoftware so eingestellt, dass die Abgasreinigung nur bei Außentemperaturen zwischen 15 und 33°C voll wirksam ist. Durchschnittstemperaturen von 15°C wurden aber 2018 in Wien in 6 von 12 Monaten gar nicht erreicht, wie der OGH erkannte.[1] Bei dieser Kälte nimmt es nicht Wunder, wenn frierende Mitteleuropäer der Klimakatastrophe, anstatt mit Rationalität, gerne mit der ein-bisschen-wärmer-wär-doch-ganz-toll-Haltung begegnen. 

So weiß etwa Meßerschmidt: „Es ist unwahrscheinlich, dass ein wärmeres Klima, welches Mitbürger beim Sommerurlaub am Mittelmeer (von tropischen Urlaubsdestinationen ganz zu schweigen) schätzen oder welches sie sogar zur Wohnsitznahme auf Mallorca veranlasst, hierzulande dereinst ein empfindliches Gesundheitsrisiko darstellt.“[2] Piska geißelt das dt BVerfG für dessen fraglos politisch motivierte Annahme, bis zum Jahr 2100 sei mit einem globalen Temperaturanstieg von 3°C zu rechnen: „Dass dieser Wert bloß ein theoretischer Mittelwert ist und eine enorme Unsicherheitsspanne der CO2-Erwärmungswirkung besteht, wurde gänzlich außer Acht gelassen.“[3] Als Belegstelle führt er übrigens keinen klimawissenschaftlichen Bericht an, sondern den Gastautor beim Blog www.achgut.com Fritz Vahrenholt, ehemaliger Vorstand bei der Deutschen Shell AG, der Repower Systems AG und der RWE Innogy.[4] Die Achse des Guten ist laut Wikipedia ein im Spektrum der politischen Rechten verorteter Blog.[5]

Als es vor ein paar Jahrzehnten galt, durch gemeinsame Anstrengung das Ozonloch zu stopfen und FCKW zu verbannen, hat das noch niemand deswegen hintertrieben, weil er FCKW so toll fand. Auch dem dt Waldsterben durch Sauren Regen kam man mit Entschwefelungsmaßnahmen bei. Benzin wurde bleifrei und Katalysatoren sowie Partikelfilter wurden Industriestandard. Immer noch hat sich die Industrie angepasst, anstelle sich abzuschaffen. Nur beim Klimawandel ist das anders – wenig überraschend, wenn man eigentlich lieber „auf Mallorca“ wäre als im kalten Deutschland.

  1. Lagerdenken!

Das betrübliche Ergebnis, das uns Ennöckl zeichnet:[6] Wie man die bisherigen Klimaklagen auch betrachte, die Schlussfolgerung laute stets, sie hätten ihre selbstgesteckten Ziele nicht erreicht, ein direkter Rechtsschutz werde weitgehend verunmöglicht, und sogar in jenen seltenen Fällen, in denen Klimaklagen stattgegeben wurde, fielen die Erfolge für den Klimaschutz äußerst bescheiden aus, liegt auch an Beharrungsbestrebungen derjenigen Stakeholder, die im Falle der Klagsstattgebung viel zu verlieren hätten. In den großen Wirtschaftssachen und Anlegerbetrugsfällen haben wir den schier unerschöpflichen Aufwand erlebt, den die zur Haftung Herangezogenen betreiben, um eine solche abzuwenden, zumal es um hohe Millionen-, zunehmend auch Milliardenbeträge ging und – wegen der selbstverordneten Hilflosigkeit der europäischen Zivilprozessordnungen[7] – noch immer geht. Doch werden das die sprichwörtlichen peanuts gewesen sein, verglichen mit den Summen, die angesichts eines von den Klimaklagen geforderten Ausstiegs aus der fossilen Lebensweise insgesamt als entgangene Gewinne auf dem Spiel stehen. Mit den allerheftigsten Abwehrreflexen der so Angeschossenen ist daher zu rechnen, uzw. erneut auf allen Ebenen, wozu auch wissenschaftliche Gutachten und juristische Publikationen, aber va natürlich die (sozialen) Medien gehören. Der Abwehrkampf der Industrie wird bereits seit Jahrzehnten geführt.[8] Solches Lagerdenken„Wir gegen sie“ mag Öffentlichrechtlern nicht so vertraut sein, während wir im Zivilprozess damit aufgewachsen sind. 

  1. Ignorante Arroganz

Manche finden am Klimawandel gut, dass es dadurch zwar 116.000 mehr Hitzetote jedes Jahr, dafür aber 283.000 weniger Opfer gibt, die an Kälte sterben.[9] Andere schimpfen das IPCC einen Scharlatan, weil es angeblich einen Anstieg von 4W/m2 an Kurzwellenstrahlung in den letzten 40 Jahren außer Acht lasse.[10] Fühlt man dem Autor, der sich als pensionierter Wissenschaftler ausweist und immerhin „Cambridge“ in seiner Vita führt, genauer auf den Zahn, so hat er aber keinerlei Bezug zur Klimawissenschaft.[11]

Dann gibt es noch den Typus des zwar wohlmeinenden, aber ignoranten Autors. So konzise seine Fachaussagen auch sein mögen, so verblüffend starr bleibt sein mindset, mit dem er die existentielle Bedrohung ausblendet.[12] Ein existenzielles Risiko für die Zivilisation ist ein Risiko, das dauerhaft große negative Folgen für die Menschheit hat, die nie wieder rückgängig gemacht werden können und entweder intelligentes Leben auslöschen oder dessen Potenzial dauerhaft und drastisch einschränken.[13] Nach 50 Jahren[14] Klimawissenschaft deren Ergebnisse selbst – als iaR Fachfremder – neu beurteilen zu wollen ist eine Form von Arroganz. Mit derselben ignoranten Arroganz – also einer, die nicht um die Fakten und nicht einmal um sich selbst weiß – begegnen z. B. viele Autofahrer im städtischen Verkehr Radfahrern: Man nimmt sie wahr und leugnet nicht schlichtweg ihre Existenz; aber sie stellen ein marginales und, sobald man sie passiert hat, vorübergehendes Phänomen dar, dem man eher mit Abwehr begegnet als mit der gebotenen Aufmerksamkeit. 

Der Grundirrtum, dem all diese naturwissenschaftlich ignoranten Autoren aufsitzen, wird im folgenden Satz von Meßerschmidtdeutlich: „Obwohl in den klimatisch gemäßigten Gefilden Deutschlands von einer Klimaerwärmung von mehreren Grad innerhalb der nächsten Jahrzehnte keine signifikante Gesundheitsgefahr für die hier lebenden Menschen ausgeht, die nicht durch Anpassungsmaßnahmen (wie etwa Klimaanlage in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Seniorenwohnanlagen) für besonders vulnerable Personen aufzufangen wäre, scheint das Gericht auf die Überzeugungskraft der Klimaszenarien des Weltklimarates und des deutschen Sachverständigenrats für Umweltfragen zu vertrauen […].“[15] Wem wollen wir denn sonst vertrauen? 

Wenn Piska die Fakten, auf denen die Vorhersagen beruhen, als „Annahmen“ missversteht, über die „in der Naturwissenschaft kontinuierlich ein Diskurs geführt“ werde,[16] geht er von falschen Voraussetzungen aus.[17] Ausgehend davon muss er natürlich das Erfordernis von Notmaßnahmen[18] verneinen, das jedoch unbestreitbar auf der Hand liegt, sobald man die Ausgangsannahme ändert und mit dem Bericht der Arbeitsgruppe 2 des IPCC erkennt, dass die anthropogene Erderwärmung längst +1°C weltweit erreicht hat, regional und lokal noch viel mehr, beispielsweise in Österreich bereits +1,5 bis 2°C. Selbst wenn jegliche THG-Emission sofort gestoppt würde, wird die Temperaturkurve weiter nach oben gehen aufgrund der Trägheit des Klimasystems.[19] Junge Generationen sind daher viel stärker bedroht.[20] Und da reden wir noch gar nicht von den verheerenden tipping points,[21] deren Verständnis dem linearen Denken so viel Schwierigkeiten bereitet wie etwa dasjenige von exponentiellem Wachstum oder von durchschnittlicher Erderwärmung in Grad Celsius.

Dass Klimaschutz als vom Staat zu verfolgendes öffentliches Interesse verfassungsrechtlichem Grundrechtsschutz nicht zugänglich sein soll,[22] wird dem interessierten Publikum schwer zu vermitteln sein angesichts einer unüberschaubaren Zahl von arbiträren Verfassungsbestimmungen, verstreut in Einzelgesetzen.[23] Solange der Klimaschutz nur im öffentlichen Interesse liegt und nicht auch als Grundrecht etabliert ist, besteht die Gefahr fort, dass dieses „öffentliche Interesse“ von Partikularinteressen befüllt oder gänzlich usurpiert wird und so im Ergebnis dem effektiven Klimaschutz abträglich ist. Oft ist es einfach irregeleitet: Die staatliche Subvention fossiler Treibstoffe in 51 Volkswirtschaften, die von der OECD untersucht wurden, lag 2021 bei 697.2 Mrd. USD, etwa dem Doppelten des Vorjahres.[24]

Auch Schneider sieht „Aktionismus“[25] am Werk, den er aber nicht näher erklärt, und zieht zumindest in Zweifel, dass negative Auswirkungen von Immissionen auf das Klima ernstlich und ersichtlich drohen.[26] Schneider anerkennt immerhin die Verpflichtung des Staates zu Klimaschutzmaßnahmen aufgrund grundrechtlicher Schutzpflichten, würden doch das Recht auf Leben iSd Art 2 EMRK, das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK sowie des Eigentumsgrundrechts iSd Art 1 1. ZP EMRK staatliche Schutzpflichten zum Schutz der Bevölkerung vor Umweltbeeinträchtigungen begründen.[27] Daraus können sich auch zivilrechtliche Implikationen ergeben. So hat das Berufungsgericht in der aufsehenerregenden Amtshaftungsklage wegen Ischgl die Erstentscheidung mit der Begründung aufgehoben, aus dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit folge, dass staatliche Informationen über drohende Gefahren zum Schutz aller Empfänger, gleichgültig, ob geboten oder auf freiwilliger Basis erfolgt, richtig und vollständig sein müssen.[28]

Wie man auf den Gedanken kommen kann, ein Gesetz, und sei es auch eines im Verfassungsrang, würde deswegen gegen das demokratische Prinzip und damit gegen die verfassungsrechtliche Grundordnung iS einer Gesamtänderung der Bundesverfassung verstoßen,[29] weil es exakt jene Verpflichtungen für verbindlich erklärt, zu denen sich das Völkerrechtssubjekt Republik Österreich in den Abkommen von Kyoto und Paris bekannt hat, erschließt sich nicht. Es mag ja sein, wie Schneider argumentiert, dass durch derartige Regelungen der Spielraum der Parlamente in der Gesetzgebung massiv eingeschränkt würde. Das trifft aber wohl auf jede Verfassungsbestimmung zu und war ja gerade der Grund, warum in den noch so exotischen Materien bestimmte Regelungen jeweils in Verfassungsrang gehoben wurden, bspw der so wichtige § 68 Abs 1 des Wirtschaftskammergesetzes oder § 10 Abs 1 Z 2 Arbeiterkammergesetz. Beide haben bisher nicht die Grundfesten der demokratischen Bundesverfassung erschüttert. Eher scheint: Wo eine Lobby, da auch ein Verfassungsgesetz. Der Klimaschutz hat aber keine Lobby. Er entstammt einer grass-roots-Bewegung, die zwar – zwei Generationen nach „Zwentendorf“ und „Hainburg“ – Niederschlag in der parlamentarischen Vertretung gefunden hat. Handfeste Geschäftsinteressen lassen sich darüber hinaus aber nicht ableiten. Das unterscheidet ihn von seinem Gegenüber, der Fossil-Lobby. 

  1. Die richtigen Fragen an die Rechtsprechung herantragen

Spielannahme sämtlicher Klimaklagen ist es, dass sie nicht auf der Straße und nicht in der Politik, sondern gerade bei Gericht gut aufgehoben sind.[30] Mag die Rechtsprechung anfangs auch zögerlich ausfallen, so werden mit der Zeit stattgebende Urteile ergehen. Jurisprudenz ist konstruktionsbedingt eine konservative Angelegenheit und kann schon aus Gründen der Rechtssicherheit allem Neuen nicht so vorbehaltlos offen gegenüberstehen wie etwa die Modebranche mit ihrer desaströsen fast fashion. Doch bleibt es Aufgabe der Gerichtsbarkeit, die Gesetzgebung und Verwaltung zu kontrollieren und sie im Falle der Verletzung von (Grund-) Rechten in die Schranken zu weisen[31] – was umso mehr für die Kontrolle privater Akteure gilt und weltweit betrachtet längst geschieht. Die London School of Economics hält auf ihrer Website die weltweiten climate ligitation cases aktuell:[32] Es sind zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Beitrags mehr als 2.000. Zu viele, um noch als Steckenpferd von Nischenliebhabern zu gelten. Die Justiz muss Antworten finden, und sie wird sie finden – wenn wir ihr die richtigen Fragen stellen. Die dt Verfassungsrichterin Susanne Baer meint: „Interessant ist, wie sehr Rechtsvertretungen aus der Mainstreamperspektive argumentieren. Viele denken wohl, dass wir nur davon erreicht werden. Aber ich frage mich, warum nicht wenigstens alternativ innovativer argumentiert wird. […] Wir bekommen ein Verfahren und sehen, es geht um zukünftiges Leben, Lebensgestaltung, Selbstbestimmung, wohl auch Gleichheit, Gerechtigkeit. Es wird uns aber nicht so serviert“.[33]Mithin geht es auch in diesem Bereich wieder darum, durch kreative Anwendung bestehender Rechtsformen und Rechtsfortbildung schließlich einen Damm zu brechen.[34] Das erfordert neben Fantasie auch Motivation und einen langen Atem, va aber immer wieder neue Anläufe und Versuche.[35] Nichts ist dafür besser geeignet als das Zivilrecht.

  1. Zivilrecht ist mehr als nur Immissionsschutz

1. Der weite Schadensbegriff des ABGB 

Wenn es möglich war, dass bei Millionen Autos die öffentlich-rechtlichen Abgasvorschriften durch Manipulationen unterlaufen werden, bedeutet dies, dass die öffentlich-rechtlichen Vorschriften wirkungslos für die Umwelt sind. Wenn hingegen eine zivilrechtliche Sammelklage über AUD 1 Milliarde (EUR 640 Mio) gegen den größten Autohersteller der Welt eingebracht wird,[36] zwingt ihn das zur Bewertung des Prozessrisikos in seinen Büchern. Sollten Klimaklagen gegen Private wirklich daran scheitern, dass für die Untersagung klimaschädlichen Verhaltens die zivilrechtliche Rechtsgrundlage fehlt?[37] Der weite Schadensbegriff des ABGB umfasst doch jeden Zustand, der rechtlich als Nachteil aufzufassen ist, an dem also ein geringeres rechtliches Interesse als am bisherigen besteht.[38] Das müssen nicht immer Substanzschäden, es kann auch die Vertragsabschlussfreiheit[39] sein: Wer ein Produkt (Auto) kauft, dessen Konformitätserklärung erschlichen[40] wurde, ist zu entschädigen, das hat mit einer Drittwirkung der Grundrechte nichts zu tun. 

2. Verhaltensvorschriften 

Schneider argumentiert, soweit sich Klimaklagen gegen das Inverkehrbringen von Produkten richten, die binnenmarktrechtlichen Harmonisierungsvorschriften entsprechen, wäre eine Stattgebung wegen Verstoßes gegen die "Freiverkehrsklauseln" europarechtswidrig.[41] Im Abgasskandal haben wir aber erlebt, dass der EuGH die binnenmarktrechtlichen Harmonisierungsvorschriften zulasten der Hersteller auslegt.[42] Es ist ja nicht so, dass der Unionsgesetzgeber erst noch vom Klimaschutz überzeugt werden müsste. Vom „Europäischen Klimagesetz“[43] abwärts gibt es längst zahlreiche Verhaltensvorschriften, die so wie die VO (EG) 715/2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen den Hersteller – die Industrie – zum Adressaten haben, etwa die VO (EU) 2020/852 vom 18.6.2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen, die den Banken und Finanzhäusern genau vorschreibt, was erlaubt ist und was nicht. Wer dennoch greenwashing betreibt,[44] kann auf Schadenersatz geklagt werden; uzw in Österreich nicht nur von Verbänden, sondern von jedem einzelnen Verbraucher.[45]

3. Irreführung 

Seit jeher darf ein Unternehmen nur dann mit Umwelthinweisen werben, wenn sie eindeutig belegt sind und eine Irreführungfür die umworbenen Verbraucher ausgeschlossen ist.[46] Das ist oft nicht der Fall, wenn die Lieferketten endlos und undurchsichtig sind. Aussagen über die Natürlichkeit oder Umweltverträglichkeit eines Erzeugnisses sind in hohem Maße geeignet, den Kaufentschluss der Verbraucher zu beeinflussen. So erwünscht solche Angaben sein können, wenn sie der Wahrheit entsprechen, so gefährlich ist es, wenn solche die Gefühlssphäre ansprechenden Hinweise oder Begriffe geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen.[47] Was die Industrie im Finanzbereich noch viel teurer kommen dürfte als Schadenersatzansprüche sind primäre Gewährleistungsbehelfe, denn dann muss sie teure Deckungsgeschäfte eingehen. Viele Kunden hatten ja gerade angestrebt, ein „grünes Produkt“ zu erwerben – und stünden, nach Vertragsaufhebung, erst wieder ohne da. 

4. Investorenklagen

Eine interessante Variante einer Klimaklage stellt die Investorenklage gegen Volkswagen dar,[48] mit der 6 ausländische Pensionsfonds nach Aktienrecht versuchen, die dt Aktiengesellschaft zu transparenten Aussagen über ihre eigene Verstrickung in greenwashing und politische Einflussnahme zu zwingen: Bestehe hier nämlich ein Widerspruch zu den selbst erklärten Klimazielen der Gesellschaft, würde das ihren Ruf sowie ihren Geschäftserfolg gefährden und über diesen Umweg die Sicherheit der Investitionen in Frage stellen. Dieses „Denken um die Ecke“ (des Kapitalmarkts) erstaunt weniger, wenn man annimmt, dass Investoren eine zentrale Rolle beim Übergang zur Nachhaltigkeit spielen, da sie einen großen Einfluss auf die Steuerung der Industrie zur Förderung fossiler Brennstoffe haben.[49]

5. Schutzgesetze 

Wenn wir die unionsrechtlichen und innerstaatlichen Vorschriften als Schutzgesetze verstehen, begründet ihre Verletzung Schadenersatzansprüche. Schutzgesetze sind abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder des Personenkreises gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen.[50] Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB ist nicht nur ein Gesetz im formellen Sinn, sondern jede Rechtsvorschrift, die inhaltlich einen Schutzzweck verfolgt.[51] Die Rechtsvorschrift muss lediglich von einem zur Normsetzung berufenen Organ stammen, darf also nicht von irgendwelchen Institutionen oder Vereinen erlassen worden sein.[52] Dass sie selbst sanktionsbewehrt ist, wird nicht gefordert, sondern nur, dass sie konkrete Verhaltensvorschriften[53] enthält. Beschreibt eine Norm gebotenes oder verbotenes Verhalten genau, und ergibt sich aus der Norm, dass sie gerade den Schutz bestimmter Interessen im Auge hat, liegt ein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB vor.[54]

Wenn allein das öffentliche Interesse gewahrt werden soll und Individualschutz nur als Nebenwirkung auftritt, verbietet sich zwar die Annahme eines Schutzgesetzes. Verfolgt jedoch eine Vorschrift in der Hauptsache andere Zwecke, ist sie daneben aber auch zum Schutz von Individualinteressen erlassen worden, so genügt dies grundsätzlich zur Bejahung des Schutzgesetzcharakters.[55] Das immer beschworene „öffentliche Interesse“ verhindert keineswegs, aus einer Gesetzesbestimmung Haftungsansprüche abzuleiten.[56] Grundsätzlich ist anzunehmen, dass Gesetzesbestimmungen wie die vorliegenden, die sich den Schutz der Bevölkerung vor Umweltbeeinträchtigungen zum Ziel gesetzt haben, nicht bloß einem insoweit „abstrakten“ Zweck dienen, sondern vielmehr erreichen wollen, dass jene Menschen, die ansonsten befürchten müssen, durch die in Betracht kommenden Gefahren [in ihrer Gesundheit] beeinträchtigt zu werden, vor solchen schädlichen Einwirkungen geschützt werden sollen. Wie die beinahe schon überbordende Klimaschutzgesetzgebung etwa nicht (zumindest auch) den Schutz Einzelner bezwecken wollte, ist schwer zu argumentieren. Ein solcher Schutz konkret gefährdeter Personen muss insbesondere dort angenommen werden, wo es dem Einzelnen gar nicht möglich ist, das allenfalls vorhandene Gefahrenpotential abzuschätzen. Jeder Bürger kann sich daher idR nur darauf verlassen, dass die zuständige Behörde entsprechend den gesetzlichen Vorschriften vorgegangen ist. Er ist daher auch amtshaftungsrechtlich zu schützen. [57]

6. Amtshaftung 

Diese Rsp führt also zur Amtshaftung des Bundes etc. überall dort, wo sich aus den diversen Gesetzeswerken zum Klimaschutz konkrete Verhaltensvorschriften ableiten lassen, die von den als Organe handelnden Personen schuldhaft in Vollziehung der Gesetze verletzt wurden. In 1 Ob 186/11a wurde der Bund noch verurteilt, weil seine Finanzmarktaufsicht den Schaden der Kläger nicht durch entsprechendes Aufsichtsverhalten verhindert hat. Der Gesetzgeber hat erst danach entschieden, dass Schutzzweck der finanzmarktrechtlichen Aufsicht – man staune – keineswegs die Hintanhaltung von Schäden beim Publikum ist.[58] Aber wenn es sich beim dt KBA um eine öst. Prüfbehörde handeln würde, und eine entsprechende gesetzliche Klarstellung im KFZ-Bereich fehlt, käme Amtshaftung bei Verstößen gegen zwingende Abgasvorschriften in Betracht. 

7. Unterlassung pflichtgemäßen Verhaltens

Der zur Haftung herangezogene Rechtsträger kann sich dann an seinen Organen sowie allen Mitverursachern regressieren.[59]Im Beispiel der KFZ-Prüfbehörde wäre das der Autohersteller, der zwar auch direkt haftet. Während aber bei ihm die pflichtwidrige Handlung in aktivem Tun (z. B. Softwaremanipulation) besteht, haftet der Rechtsträger meist für die Unterlassungpflichtgemäßen Verhaltens.[60] Und bei einer Schädigung durch Unterlassen sind die Anforderungen an den Beweis deshypothetischen Kausalverlaufs geringer als jene an den Nachweis der Verursachung durch positives Tun. Denn die Frage, wie sich die Geschehnisse entwickelt hätten, wenn der Schädiger pflichtgemäß gehandelt hätte, lässt sich naturgemäß nie mit letzter Sicherheit beantworten, weil dieses Geschehen nicht stattgefunden hat.[61] Es genügt daher die überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass der Schaden auf das pflichtgemäße Unterlassen zurückzuführen ist.[62] Dieses Kriterium liegt unter dem Regelbeweismaß der ZPO, wonach für eine (Positiv-)Feststellung eine hohe Wahrscheinlichkeit erforderlich ist.[63]

8. Beweiserleichterung 

Eine Beweiserleichterung gibt es auch iZm Schutzgesetzen: Gründet die Geschädigte ihren Anspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes, hat sie nur den Eintritt des Schadens und die Übertretung der Norm durch den in Anspruch Genommenen zu beweisen. Es bedarf keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs, weil die adäquate Kausalität vermutet wird.[64]

9. Kausalität und Unaufklärbarkeitsrisiko 

Können mehrere Ereignisse (Ursachen) für sich genommen den Schaden nicht allein, sondern nur durch ihr Zusammenwirken herbeiführen, spricht man von summierten Einwirkungen.[65] Auf summierte Einwirkungen sind nach der Rsp die Grundsätze des § 1302 ABGB anzuwenden,[66] wonach bei vorsätzlicher Zufügung, oder wenn sich die Anteile der Einzelnen an der Beschädigung nicht bestimmen lassen, „Alle für Einen und Einer für Alle“ haften. Kommen als Ursache für einen eingetretenen Schaden die schuldhaften oder sonst einen Haftungsgrund bildenden Handlungen mehrerer Personen in Frage, hat das Unaufklärbarkeitsrisiko jede von ihnen und nicht die Geschädigte zu tragen.[67] § 1302 ABGB umfasst nicht nur die Haftung von Mittätern, sondern auch von Nebentätern. Es kommt daher nicht auf ein einverständliches Handeln der Täter an, es genügt die Beteiligung an der Kausalkette.[68]

  1. Fazit

Es entspricht nicht dem Verständnis von Rechtsordnung, wenn eine Partikular-Gesetzgebung, konkret im Klimaschutzbereich, zwar überbordet, sich an ihre Vorschriften aber keinerlei Konsequenzen knüpfen lassen (das wäre vielmehr politische Propaganda zur Erweckung des bloßen Anscheins von Abhilfemaßnahmen, um die Besorgten zu beruhigen, während in Wahrheit nichts geschieht). Die Faktenlage erfordert rasche und einschneidende Reaktionen auf rechtswidriges und schuldhaftes Fehlverhalten einiger Weniger, weil unsubstituierbare Rechtsgüter Aller bereits jetzt unumkehrbar geschädigt werden. Sie ist nicht uneindeutig. 

Wer der Gemeinschaft der Klimawissenschaftler – schon wegen der allgemeinen Anfälligkeit von Expertengemeinschaften für Betriebsblindheit – misstraut, halte sich an den Überblick von gut informierten Intellektuellen, die außerhalb dieser Gemeinschaft stehen.[69] Der fördert freilich zutage, dass das IPCC noch viel zu vorsichtig ist in seinen Aussagen, was auch nicht verwundern sollte: Die Struktur[70] des „Weltklimarats“ ist schwindelerregend, nicht minder die Liste seiner Beobachter-Organisationen,[71] und man braucht nur zu wissen, dass ihm 195 (von 195 völkerrechtlich anerkannten) Staaten als Mitglieder angehören,[72] um zu erahnen, wie schwerfällig seine Geburten von Berichten vonstattengehen. Plumper Alarmismus, wie ihn manche Autoren unterstellen, gar interessengeleitet, gehört eher nicht zum Arsenal der UNO. Sondern, was einmal das IPCC ausspricht, ist bereits common sense, peer-reviewed und politisch sowohl vom Iran als auch den USA und Russland abgesegnet. Die Wahrheit ist noch viel schlimmer als das IPCC sagt: Bei der fortschreitenden THG-Emission sind selbst 2°C unerreichbar geworden, und ab 3°C, auf die wir unverdrossen zusteuern, beginnt dann the end of the world as we know it.[73] Was wiederum heißt, dass top-down, von der Politik und den Regierungen, nicht mehr viel zu erwarten steht – wenn Klimaschutz einmal eine politische Angelegenheit war, ist er längst gescheitert – vielmehr bottom-up gemacht werden muss, was noch geht. Wozu eben vor allem Klimaklagen gehören, uzw richtige Klagen anstelle von bloßen Appellen, wie sie öffentlich-rechtliche Beschwerden darstellen, gute alte zivilrechtliche Klagen auf Schadenersatz, weil nur sie in der Sprache geschrieben sind, die auch von den carbon majors verstanden wird: der Sprache ihrer Bücher.

Benedikt Wallner, Recht der Umwelt, 5/2023


RA Dr. Benedikt Wallner ist Rechtsanwalt in der Kanzlei Wallner Jorthan in Wien und hat in zahlreichen Anleger- und Massen-Causen sowie im Abgasskandal jeweils die Geschädigten-Interessen gegen die Industrie vertreten. 

[1] OGH 10 Ob 44/19x 6.4, 6.5, vgl auch RIS-Justiz RS0133010.

[2] Meßerschmidt, Der Karlsruher Klimaschutzbeschluss – kein Vorbild, ÖZW 2021, 109 (112).

[3] Piska, Warum ein Grundrecht auf Klimaschutz nur als Vision überzeugt, ZTR 2022, 9 (12).

[4] Siehe www.achgut.com/autor/vahrenholt_f.

[5] Siehe de.wikipedia.org/wiki/Die_Achse_des_Guten.

[6] Ennöckl, Klimaklagen – Strukturen gerichtlicher Kontrolle im Klimaschutzrecht (Teil 2), RdU 2022/90, 184.

[7] Aus irrationaler Angst vor einer „Klageindustrie“ brauchte Europa bis 2023, um zarteste Ansätze einer Verbandsklage zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zu schaffen, vgl. Meller-Hannich, VbR 2021/26.

[8] „Die Strategie, die Taktik, die Infrastruktur und die rhetorischen Argumente und Techniken, die von den Interessengruppen der fossilen Brennstoffe eingesetzt werden, um die wissenschaftlichen Beweise für den Klimawandel anzufechten - einschließlich Rosinenpickerei, gefälschter Experten und Verschwörungstheorien - stammen direkt aus dem Drehbuch der Tabakindustrie zur Verzögerung der Tabakkontrolle“ (Cook ua. (2019), America Misled: How the fossil fuel industry deliberately misled Americans about climate change)

[9] Vgl Bjorn LomborgClimate Change Saves More Lives Than You’d Think, Wall Street Journal Opinion, 16.09.2021.

[10] @KeillerDon on twitter 13.10.2022.

[11] Vgl den thread von James West ebenfalls auf Twitter 5.5.2022Westthread von James West ebenfalls auf Twitter 5.5.2022 zu #ClimateBrawl. 

[12] „Zugegebenermaßen wäre es unendlich zeitaufwendig und mühsam, das gesamte Spektrum der denkbaren Eventualitäten unter einen Hut zu bringen. Und deshalb gibt es den Optimismus als eine stark verzerrte Heuristik, die unseren Hunger nach Gewissheit stillt - selbst wenn wir sie selbst geschaffen haben.“ Sullivan, The Neural Basis of Always Looking on the Bright Side, in: Dial Phil Ment Neuro Sci 2015; 8(1):11-15.

[13] Spratt/DunlopExistential climate-related security risk, 2019. 

[14] Oder auch noch länger: Das Sonnblick-Observatorium gibt es bereits seit 1886, vgl How we know global warming is real, The Washington Post 19.12.2019.

[15] Meßerschmidt, ÖZW 2021, 109 (112).

[16] Piska, ZTR 2022, 9 (12).

[17] Die Ergebnisse der Klimawissenschaft sind klar und nicht etwa zweideutig, vgl. WMO-Bericht vom 13.9.2022, United in Science: We are heading in the wrong direction.

[18] „Praktisch verlangt die Schonung künftiger Freiheit hier den Übergang zu Klimaneutralität rechtzeitig einzuleiten“ (dBVerfG, Beschluss vom 24.3.2021-1 BvR 2656/28, Rn 248).

[19] IPCC Sixth Assessment Report (working group II). Von einem sofortigen Stopp kann allerdings keine Rede sein. Szenarien, die die Erwärmung auf weniger als 2°C begrenzen, erreichen im Allgemeinen erst in den "frühen 2070er Jahren" Netto-CO2-Null, während diejenigen, die die Erwärmung auf 1,5°C begrenzen, Netto-Null in den "frühen 2050ern" erreichen: www.ipcc.ch/working-group/wg3/.

[20] Thiery u.a., Intergenerational inequities in exposure to climate extremes, in: Science, 374 (6564), 158.

[21] Vgl. Spratt/DunlopWhat Lies Beneath, 2018.

[22] Piska, ZTR 2022, 9 (13).

[23] So stehen etwa in Verfassungsrang Art IV der 8. Handelskammergesetznovelle; § 38, Abs 1, 2 und 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes; § 3 Abs 1 des Abschlussprüferaufsichtsgesetzes; § 1 Abs 1 des Zivildienstgesetzes und 500 weitere.

[24] Vgl Support for fossil fuels almost doubled in 2021, slowing progress toward international climate goals, according to new analysis from OECD and IEA.

[25] Schneider, Verfassungs- und europarechtliche Grundlagen und Schranken einer österreichischen Klimaschutzpolitik, ÖZW 2021, 95 (96).

[26] Schneider, ÖZW 2021, 95 (106).

[27] Schneider, ÖZW 2021, 95 (98).

[28] Presseaussendung Mediensprecher OLG Wien vom 25.07.2022, ohne GZ.

[29] Schneider, ÖZW 2021, 95 (102).

[30] Das gilt sogar für die sog. impact litigation, die weniger zum Ziel hat, das Verfahren zu gewinnen, als z. B. ein Gesetz zu ändern, ein Medienecho hervorzurufen oder auf Unrecht hinzuweisen.

[31] Ennöckl, RdU 2022/90, 184 (191).

[32] Vgl climate-laws.org/litigation_cases

[33] Sußner/Westphal/Pentz, „Klimaklagen liefern strukturell perfekte Fragen für Verfassungsgerichte“, Interview mit Verena Madner(Vizepräsidentin des österreichischen Verfassungsgerichtshofs) und Susanne Baer (Richterin des deutschen Bundesverfassungsgerichts) zur Rolle der Gerichte in der Klimakrise, juridikum 2022, 68 [76].

[34] Bspw bestand schon seit 1995 eine Grundsatz-Rsp zur Sittenwidrigkeit von Bürgschaften naher Angehöriger (OGH 1 Ob 544/95). Dennoch wurde Jahre lang keine einzige Bürgin entschuldet, vielmehr brauchte es dutzende Anläufe, bis mit OGH 7 Ob 217/99h der Damm gebrochen war, vgl. Wallner, juridikum 4/2001, 162.

[35] Bspw wiesen die Untergerichte Abgasklagen anfangs mit dem Argument ab, den Klägern seien die NOx-Werte beim Autokauf egal gewesen; das OLG Wien stellte dann klar, dass es nicht um die Frage geht, inwieweit eine Schadstoffarmut in die konkreten Kaufüberlegungen eingeflossen ist (OLG Wien 2 R 107/19y). Oder: Wer hätte vor 5 Jahren gedacht, dass den geschädigten Anlegern auch der Bankdirektor psl. haftet – oder dessen Bank insolvent wird (OLG Wien 33 R 127/21w)?

[36] Auch Toyota wird beschuldigt durch absichtliche technische Intervention in über einer halben Million australischer Autos sog. defeat-deviceseingebaut zu haben, die den vorgeschriebenen Umweltschutz nur scheinbar einhalten, nicht aber unter real-driving-emissions-Bedingungen(RDE), vgl. The Canberra Times, 18.10.2022: Toyota sued over popular diesel vehicles.

[37] Schneider, ÖZW 2021, 95 (106).

[38] RIS-Justiz RS0022537.

[39] Der Bestimmung des § 1295 Abs 2 ABGB kommt im Schadenersatzrecht die Funktion zu, verwerfliches Handeln zu ahnden, also ein Verhalten, das einen Verstoß gegen natürliche Rechtsgrundsätze und allgemein anerkannte Regeln der Ethik darstellt (RIS-Justiz RS0026606). Geschütztes Rechtsgut ist hier, im Verein mit §§ 874, 879 Abs 1 ABGB, die Abschluss- oder Dispositionsfreiheit. Dabei handelt es sich also um ein von der Rechtsordnung geschütztes, ideelles Gut, nicht um eine Zerstörung oder Beschädigung einer körperlichen Sache (RIS-Justiz RS0030308). Vgl. auch BGH, Urteil vom 21.2.2022 – VIa ZR 8/21.

[40] Siehe OGH 10 Ob 44/19x.

[41] Schneider, ÖZW 2021, 95 (107).

[42] Zuletzt C‑145/20 vom 14.7.2022.

[43] Vgl VO (EU) 2021/1119 vom 30. Juni 2021.

[44] Das Magazin trend berichtete 2021, dass 71% der untersuchten ESG-Fonds in Wirklichkeit nicht mit den Klimazielen aus dem Pariser Abkommen übereinstimmen. Bei den Klimafonds seien es noch immer 55%.

[45] Der für das UWG zuständige Fachsenat des OGH hat bereits vor Jahrzehnten ausgesprochen, dass auch ein Verbraucher, der das Opfer unlauteren Wettbewerbs geworden ist, Schadenersatzansprüche nach dem UWG gegen den unlauteren Wettbewerber hat (OGH 4 Ob 53/98t und RS0109433). Dies hat der UWG-Fachsenat jüngst bekräftigt und ausgeführt, dass nicht nur Kartellschadenersatz für alle Geschädigten in Unions- und nationalem Recht vorgesehen ist, sondern bereits kraft der allgemein gefassten Anordnungen in §§ 1, 16 UWG nach einem Lauterkeitsverstoß nicht nur ein geschädigter Mitbewerber, sondern auch ein dadurch geschädigter Verbraucher Schadenersatz begehren kann (OGH 4 Ob 49/21s Rz 33 ff, insb Rz 35 ff). Ein Verbraucher ist daher legitimiert, einen von ihm verfolgten vertragsunabhängigen Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens, der ihm infolge einer unlauteren Geschäftspraktik eines Unternehmers (Irreführung) entstanden sein soll, gerichtlich geltend zu machen (OGH 7 Ob 95/21b).

[46] RIS-Justiz RS0078468; RS0078212.

[47] RIS-Justiz RS0078210.

[48] Vgl www.clientearth.de/aktuelles/pressemitteilungen/investorenklage-gegen-volkswagen-soll-klarheit-uber-klima-lobbying-schaffen-und-mogliches-greenwashing-stoppen/

[49] Dordia, Gehricke, Naef, Weber, Ten financial actors can accelerate a transition away from fossil fuels, in: Environmental Innovation and Societal Transitions, 44/2022, 60-78. Vgl auch WallnerIt no more rains in California, Makroskop 26.5.2022. 

[50] RIS-Justiz RS0027710.

[51] RIS-Justiz RS0027415.

[52] OGH 7 Ob 679/84.

[53] OGH 10 Ob 15/08s mwN: Hier war die Anordnung der Haftung des Veranstalters für einen Krampuslauf im Bescheid des Bürgermeisters keineVerhaltensvorschrift

[54] Vgl SZ 51/109; SZ 57/134; SZ 60/33 uva; Koziol, Haftpflichtrecht I2 93, 153. So können etwa auch vom Arbeitgeber auferlegte Sicherheitsvorschriften als Schutznormen qualifiziert werden, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen oder zumindest behördlich genehmigt waren (OGH 2 Ob 30/20f; 2 Ob 167/17y).

[55] OGH 7 Ob 532/95.

[56] Im Zweifel muss angenommen werden, dass Gesetze nicht einem abstrakten Zweck, sondern den Interessen bestimmter Bevölkerungsteile dienen und die Verletzung dieses Gesetzeszwecks dem dadurch Geschädigten Schadenersatzansprüche einräumt (Schragel AHG3 § 1 Rz 130).

[57] OGH 1 Ob 120/09t mwN; BGHZ 106, 323 = JZ 1989, 1122; BGH, NJW 1993, 384. Wilhelm meint gar, das Allgemeininteresse sei vom Interesse der Betroffenen nicht zu unterscheiden (ecolex 2015, 173).

[58] § 3 Abs 1 FMABG; vgl daher jüngst OGH 1 Ob 91/22x Rn 21. Das entspricht dem internationalen Trend, vgl. EuGH C-222/02: RL 77/780, 89/299 und 89/646 stehen einer nationalen Vorschrift nicht entgegen, nach der die nationale Behörde zur Aufsicht über die Kreditinstitute ihre Aufgaben nur im öffentlichen Interesse wahrnimmt, was nach dem nationalen Recht ausschließt, dass der Einzelne Ersatz des Schadens verlangen kann, der durch eine unzureichende Aufsicht dieser Behörde entstanden ist (Rn 47).

[59] §§ 3f AHG sowie § 1302 iVm § 896 ABGB.

[60] Eine Unterlassung ist dann für den Schadenserfolg kausal, wenn die Vornahme einer bestimmten aktiven Handlung das Eintreten des Erfolges verhindert hätte (RS0022913). Wäre bei pflichtgemäßem Verhalten der Schaden nicht eingetreten, so ist die Unterlassung kausal (1 Ob 278/99k).Lediglich dann, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre, entfällt die Kausalität (8 Ob 53/14y; 7 Ob 238/07m). 

[61] RIS-Justiz RS0022900 [T14].

[62] RIS-Justiz RS0022900 [insb T28, T40].

[63] RIS-Justiz RS0022900 [T28, T40]; RS0110701 [T13]; vgl Schopper/Wallner, RdW 2015/656.

[64] RIS-Justiz RS0022599.

[65] RIS-Justiz RS0123611.

[66] OGH 8 ObA 99/20x.

[67] RIS-Justiz RS0022712.

[68] RIS-Justiz RS0026610.

[69] Schellnhuber im Vorwort zu Spratt/DunlopWhat Lies Beneath, 2018 (2). 

[70] Vgl www.ipcc.ch/about/structure/

[71] Vgl www.ipcc.ch/apps/contact/interface/organizationall.php

[72] Vgl www.ipcc.ch/site/assets/uploads/2019/02/ipcc_members.pdf

[73] „Eine rasche Verringerung der CO2 Emissionen wird von den politischen Entscheidungsträgern noch immer nicht in Betracht gezogen, weil sie als zu wirtschaftsfeindlich angesehen wird. Der Tatsache, dass der derzeitige politische Kurs einer Erwärmung von 3°C oder mehr zu einer Welt führen würde, die von extremen Klimaauswirkungen überschwemmt wird, was zu einem regelrechten Chaos führt, wird ausgewichen. Die vorherrschende neoliberale Sichtweise auf Fortschritt durch Globalisierung und Deregulierung unterdrückt regulatorische Maßnahmen, die die Herausforderung des Klimawandels angehen würden, weil sie die vorherrschende politisch-ökonomische Orthodoxie untergräbt.“ Spratt/DunlopWhat Lies Beneath, 2018.