Die Reaktionen der Geschädigten über die im Austria-Center gefällten Urteile reichen von Zufriedenheit bis Unmut.

Zwar wurden die betrogenen Anleger mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen, doch hat ihnen der Schöffensenat Donnerstagabend eine schöne „Wegzehrung“ mitgegeben: Über die Angeklagten wurde die sogenannte Abschöpfung der Bereicherung verfügt.

Alles was von Dietmar Böhmer, Harald Loidl und Thomas Mitter noch zu holen ist, wird von der Republik Österreich mit Exekutionen eingetrieben und via Finanzprokuratur an die Geschädigten verteilt. Bei Böhmer und Loidl, die noch über Liegenschaften in Österreich und Florida verfügen, bis zu einem Betrag von je 5 Millionen und 139.164 Euro, bei Mitter bis zu 255.588 Euro. Diese Exekutionstitel sind 30 Jahre lang vollstreckbar.

Dass der übrige Schadenersatz in Zivilprozessen erkämpft werden muss, damit war zu rechnen. Es gab über 12.000, die sich als Privatbeteiligte angeschlossen haben, noch am Tag der Urteilsverkündigung kamen 40 dazu. Die Forderungen einzeln zu überprüfen, hätte den Rahmen eines Strafprozesses gesprengt. So ist zumindest der Anwalt Benedikt Wallner, der rund 400 Geschädigte vertritt, mit den Urteilen einverstanden.

„Die Angeklagten haben in Kauf genommen, dass 15.000 Menschen ruiniert werden.“ Martina W. (Geschädigte)
Bei den Strafen freilich scheiden sich die Geister. Je fünfeinhalb Jahre Haft für Böhmer und Loidl, dreieinhalb Jahre für Mitter. Immerhin wären bei schwerem Betrug zehn Jahre möglich gewesen. „Nach mir hätte es sich nahe der Höchststrafe bewegen müssen“, sagt die Zeugin Martina W. im KURIER-Gespräch: „Wäre es nach den Plänen der Angeklagten gegangen, würde ich heute aufs Existenzminimum gepfändet sein.“

Wallner hingegen findet, dass „die Geständnisse mit dem Strafausmaß gewürdigt werden mussten, weil sie den Geschädigten geholfen haben, zur Aufklärung beizutragen. Man hätte sonst viele Zeugen befragen und teure Gutachten einholen müssen.“ Außerdem würde in ähnlichen Fällen ohne Belohnung niemand mehr gestehen.
Die üblen Haftbedingungen in Venezuela, wo Böhmer und Loidl 2005 festgenommen worden waren, rechnete der Senat im Verhältnis 1:3 (nach Judikatur des deutschen Bundesgerichtshofes) an, was die Strafe zumindest theoretisch auf sechseinhalb Jahre erhöht.

Der Vorsitzenden Daniela Setz-Hummel streut Anwalt Wallner Rosen: „Sie hat den Prozess straff geführt. Es gab noch nie so viele Geschädigte, da hätte viel schief gehen können.“ Auch habe die Richterin ein für den Kampf um Schadenersatz wertvolles Licht auf das Versagen sämtlicher Kontrollen und auf die Bereicherung der Vertriebspartner der Angeklagten (Makler, Franchise-Unternehmer) geworfen.

Quelle: KURIER / 22.12.2007 / von Ricardo Peyerl