Am Mittwoch startet der Prozessreigen der AK gegen die Banken. Verspätete Gutachten sind für Alpine-Anleger ungünstig.

Wien. Wie exklusiv berichtet, wird im Krimi um die Rekordpleite des Salzburger Baukonzerns Alpine das zentrale Gutachten erst Ende Oktober vorliegen. Dieses soll den gesamten Fall aufarbeiten, derzeit untersucht ein weiterer Sachverständiger Datenträger, die beim Alpine-Abschlussprüfer Deloitte beschlagnahmt worden waren.

Doch wie sind die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft aus Sicht der Anleger zu interpretieren? Wie berichtet, haben sich etwa 380 Geschädigte dem Strafverfahren angeschlossen. Mehr als tausend Anleihe-Inhaber versuchen weiters auf dem Zivilrechtsweg, Schäden geltend zu machen.

Wichtiger Stichtag

Einer der entscheidenden Stichtage für Anleger ist der 10. Oktober. Am 10. Oktober 2012 wurden Probleme bei der Alpine erstmals medial ventiliert. Schadenersatzansprüche verjähren nach drei Jahren ab Kenntnis vom Schädiger und Schaden, erklärt Rechtsanwalt Eric Breiteneder. Umgelegt auf den Fall bedeutet dieser Rechtssatz, dass am 10. Oktober 2012 erstmals Anleger davon erfahren haben konnten, dass die als sicher geglaubten und von Banken auch so verkauften Anleihen von einem Ausfall bedroht sein könnten.

Das heißt, dass heuer am 10. Oktober viele Anlegeransprüche verjähren, warnt Breiteneder. Ungünstig ist für die Investoren, dass das Gutachten im Strafverfahren erst Ende Oktober, also nach dem Verjährungsstichtag, erwartet wird. Es wird dem Vernehmen nach tiefe Einblicke in die Hintergründe des Falls gewähren.

Die Anleger haben jedenfalls noch zwei Möglichkeiten, so der Anwalt: Sie können sich dem Strafverfahren anschließen und bzw. oder auf dem Zivilrechtsweg Ansprüche einklagen.

Der Anschluss ans Strafverfahren unterbricht die Verjährung etwa gegen die Alpine-Mutter FCC oder den Abschlussprüfer Deloitte. Breiteneder ist der Meinung, dass der FCC-Konzern beispielsweise „wichtige Gläubigerschutzvorschriften im GmbH-Gesetz“ missachtet habe, weil er die Öffentlichkeit nicht über die missliche Lage bei der Alpine aufklärte. Hätte er das getan, hätten die Anleger verkauft und die Schäden wären ausgeblieben.

Parallel werden auf dem Zivilrechtsweg vor allem Banken ins Visier genommen, weil diese Anleger falsch beraten hätten. Emissionsbanken hätten wissen müssen, dass die Alpine nicht gut dastand und man ihre Anleihen Kunden nicht guten Gewissens ans Herz legen konnte.

Mittwoch erster Prozess

Das ist die Schlagrichtung der Arbeiterkammer (AK), bei der sich 1250 Anleger mit 28 Millionen € Gesamtschaden gemeldet haben. Weitere Anleger können sich nicht mehr an den Aktionen beteiligen. Anwalt Benedikt Wallner bringt in Bälde die letzten drei von 19 Sammelklagen für die AK gegen Banken ein. Am Mittwoch startet der erste Prozess.

Bereits im Vorfeld haben sich Banken bei krassen Fällen von Fehlberatungen zu Vergleichen bereit erklärt. Insgesamt flossen so bisher 1,6 Millionen € an Anleger zurück. Die AK will sich auch als Privatbeteiligte dem Strafverfahren anschließen.

Rund 100 weitere Verfahren laufen über den Anlegeranwalt Michael Poduschka: Auch er nimmt vorrangig Banken ins Visier. Sein Argument: Die Banken wussten, dass die Alpine-Anleihen riskant sind. Ein Institut etwa verlieh dem Papier intern keinen Investment-Status - gegenüber Kunden wurde es aber zur Anlage empfohlen. Gleichzeitig halten sich Anleger mit einem Anschluss ans Strafverfahren die Option offen, auch die FCC oder den Bilanzprüfer zivilrechtlich zu verfolgen, meint der Anwalt.

Quelle: WirtschaftsBlatt 16.08.2015, 19:26  von Oliver Jaindl