Mehr Pflichten für die Banken lässt Sorge um den „gläsernen Kunden“ aufkeimen

von Ricardo Peyerl 

Jeder zweite EU-Bürger hat einen Kredit laufen, aber so gut wie keiner weiß genau, wie viel ihn dieser Kredit am Ende kosten wird. 

Die Europäische Kommission will mit einer neuen EU-Richtlinie jede Art von Verbraucherkredit (Darlehen, Kontoüberziehungsrahmen, Hypothek, Finanzierungsleasing) vereinheitlichen. Der so genannte „effektive Jahreszins“ soll in jedem Mitgliedsland die Gesamtbelastung für den Kreditnehmer samt Steuern und anderen versteckten Beträgen angeben. Damit kann der Kunde Kreditangebote vergleichen und innerhalb der EU ein günstigeres wählen.

Binnen 14 Tagen soll er unentgeltlich und ohne Begründung einen abgeschlossenen Kreditvertrag widerrufen dürfen, wenn er es sich anders überlegt hat.

Außerdem sollen die Banken verpflichtet werden, sorgfältig zu prüfen, ob sich der Kunde die Rückzahlung überhaupt leisten kann.

Die in Österreich zum Teil längst bestehende Transparenz hat freilich ihre Kehrseite: So wie die Bank gegenüber dem Kunden - und dem Bürgen - eine Auskunftspflicht hat, müsste auch der Kunde gegenüber der Bank die Hose herunter lassen. Und zwar über die Grenzen hinweg. Der Kreditgeber kann die Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers ja nur überprüfen, wenn er Zugang zu dessen Daten (etwa Gehaltszettel) hat. Eine Vernetzung von „schwarzen Listen“ in der ganzen EU wäre die Folge.

Der Wiener Rechtsanwalt und Konsumentenschutz-Experte Benedikt Wallner hat Sorge um den „gläsernen Kunden“ auf diesem ausgeweiteten Markt der Banken.

KÜCHE IN RATEN

Wurde ein Österreicher vor Jahren auf so eine Liste gesetzt, weil er einmal mit Kreditraten in Verzug geraten war, erfährt das auch die Firma in Italien, bei der er eine in Raten abzahlbare Küche bestellt hat. Vielleicht stockt dann die Auslieferung, ebenso wie der geleaste (also fremdfinanzierte) BMW aus Deutschland zurückgehalten wird. 

Wallner fordert deshalb eine gesetzliche Regelung, unter welchen Bedingungen ein Name überhaupt auf diese Liste kommt, wie lange er dort stehen darf und wann er gelöscht werden muss.

Quelle: Samstag, 14.09.2002, (KURIER | Seite 13)