Die Pandemie ist noch da, aber das gesetzliche Moratorium für Schuldner läuft am Sonntag aus. Kreditnehmer sollten mit ihrer Bank verhandeln.

Wien – Die von Arbeiterkammer und Konsumentenschützern begehrte Verlängerung der Kreditstundungen wird es definitiv nicht geben. Das bestätigt das Justizministerium am Freitag. Die im zweiten Covid-19-Justiz-Begleitgesetz verordnete Stundung von Altkrediten, die vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurden, werde nicht verlängert, sagt eine Sprecherin.

Die Begründung: Derart gravierende Eingriffe stellten eine einseitige finanzielle Belastung der Kreditinstitute dar und wären daher unverhältnismäßig. Das wäre auch verfassungsrechtlich problematisch, so die Argumentation. Im Ministerium verweist man auf die zunächst für drei Monate angesetzte Stundung, die zweimal auf insgesamt zehn Monate verlängert wurde. Damit wurden Kredite in Österreich mehr als dreimal so lang gesetzlich gestundet als in vergleichbaren Ländern, etwa Deutschland, wo nach einem Quartal Schluss war.

Rückzahlungen ab Februar
Müssen Unternehmer, Häuslebauer und Konsumenten nun fürchten, dass ihre Kredite und Hypothekardarlehen im Februar fällig gestellt werden? Ja und nein. Grundsätzlich laufen die Rückzahlungen im Februar wieder an, sagt etwa eine Sprecherin der Erste Bank in Österreich. "Es gibt immer eine Lösung. Wir wollen Vereinbarungen mit unseren Kunden, keine Fälligstellung von Krediten."

Auf zur Bank
Die Kreditnehmer sollten jedenfalls mit der Bank Kontakt aufnehmen, heißt es auch bei der Bank Austria. Bereits jetzt gebe es mehr freiwillig vereinbarte Stundungen als gesetzliche. Laut Nationalbank summierten sich die knapp 100.000 Stundungen Ende 2020 auf mehr als 14 Milliarden Euro. Davon 78.978 waren gesetzliche Stundungen mit einem Gesamtvolumen von 6,479 Milliarden Euro. Bei den freiwilligen Stundungen ist es umgekehrt: 19.563 Stundungen beliefen sich auf 7,588 Milliarden Euro.

Diesfalls erfolgten die Stundungen freilich nicht gratis, also ohne dass Zinsen verrechnet werden. Denn bei Verlängerung der Laufzeit fallen automatisch Zinsen an.

Keine Verzugszinsen
Anders beim gesetzlichen Moratorium, das am 31. Jänner ausläuft. Da befanden sich Verbraucher und Kleinstunternehmer nicht in Verzug, es fielen zwar Zinsen, aber keine Verzugszinsen, insofern der Betrieb weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, der Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro liegt und die Corona-bedingten Einkommensausfälle so hoch waren, dass ihnen die Kreditzahlung nicht zumutbar ist, weil dadurch der Lebensunterhalt gefährdet wäre, wie Rechtsanwalt Benedikt Wallner unter Verweis auf das Covid-19-Justiz-Begleitgesetz aufzählt.

Nachverhandeln, um eine bessere Regelung als die gesetzlich vorgesehene zu erwirken, empfehlen auch Konsumentenschützer. Gabriele Zgubic von der Arbeiterkammer verlangt diesbezüglich eine Klarstellung seitens des Gesetzgebers, einen Zinsenstopp – und auch gleich einen fünfprozentigen Corona-Sonderzins bei Kontoüberziehungen.

Andere Umstände
In Erwägung zu ziehen sei alternativ eine Anpassung des Kreditvertrags, rät der Anwalt von der Kanzlei Wallner Jorthan in Wien. Eine solche sei gerechtfertigt, wenn sich die Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, schwerwiegend verändert haben. Das sei bei Geschäftsschließungen, mit denen unvorhergesehener Einnahmenausfall einhergeht, wohl der Fall, meint Wallner mit Verweis auf einen Spruch des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe, der einen Anspruch auf Vertragsanpassung inzwischen bejaht. Die Folge wäre eine Interessenabwägung: Es müsste geprüft werden, wen der Kreditausfall und seine Folgen härter treffen würde: die Bank oder den Unternehmer, der kein Geschäft macht und daher keine Einnahmen hat.

Waffen für Kreditnehmer
Aber selbst im unwahrscheinlichen Fall einer Kündigung des Kredits – die Banken versichern unisono, dass sie ihre Kunden nicht im Regen stehen lassen – steht der Kreditnehmer nicht wehrlos da, mahnt Anwalt Wallner zur Besonnenheit: Habe sich die Liquidität noch nicht verbessert, sollte der Kreditnehmer die Berechtigung der Fälligstellung überprüfen lassen.

"Kündigen darf die Bank nämlich nur dann, wenn ihr die Fortsetzung des Vertrags unzumutbar ist, also die Erfüllung des Vertrags gefährdet ist und die Fälligstellung der Bank wirklich Vorteile bietet", sagt der auf Bankkunden spezialisierte Experte. Das verneinen die Kreditinstitute unisono. Man sei den Kunden treu, und ein Kreditausfall sei mit Sicherheit der für beide Seiten nachteiligste Worst Case.

"Anschauen lassen"
Das Prinzip "Anschauen lassen" gilt insbesondere für Bürgen sowie alle Personen, die für die Schuld anderer, meist des Ehepartners, in die Ziehung genommen werden sollen. Wer selbst nichts erhalten hat, sondern nur für einen anderen gutsteht, ist per Gesetz besonders davor geschützt, dass ihm oder ihr die Last der Rückzahlungsfähigkeit aufgeladen wird.

Quelle: derstandard.at, Luise Ungerboeck, 30.1.2021